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Stefan Heymann

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Mittelformat

Nur wenige wissen, dass es Opas Rollfilm auch heute noch zu kaufen gibt. Kameras, in die diese Filme passen, werden unter dem Begriff "Mittelformat" zusammengefasst. Und so wie es die Filme noch gibt, gibt es auch heute noch nagelneue Mittelformat-Kameras zu kaufen. Warum das so ist? Lesen Sie selbst:


Format

Die Bilder auf einem Rollfilm haben immer eine Kante mit 60 mm Länge. Dadurch sind die Negative/Dias viel größer als beim gängigen Kleinbild-Film (24 x 36 mm).

Dies ergibt viel kleinere Vergrößerungs-Maßstäbe beim Abziehen und bei der Projektion. Was sich sehr positiv auf die Bildqualität auswirkt.

Gängige Formate:

Nenn-
Format
Bilder pro
120er-Film
Standard-
Objektiv
Anmerkungen
6×4,5 cm 16 75 mm Auch als "645" bezeichnet. Das kleinste Mittelformat wird manchmal auch ein wenig spöttisch als "Mittelformat-APS" bezeichnet.
6×6 cm 12 80 mm Quadratisch. Das hat seinen eigenen Reiz und seine eigenen Herausforderungen. Man muss aber die Kamera für Hochformataufnahmen nicht drehen und kann trotzdem beliebige Rechtecke herausschneiden.
6×7 cm 10 90 mm Manchmal auch als "Idealformat" bezeichnet, weil man ohne großen Beschnittverlust auf die gängigen Fotopapiergrößen printen kann. 6×7 ist weder richtig quadratisch noch richtig rechteckig.
6×9 cm 8 100 mm Heute nicht mehr so gängig, aber viele Faltkameras und Boxen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren 6×9. Gleiches Seitenverhältnis wie bei KB.

Das tatsächliche Format ist i.d.R. ein paar Millimeter kleiner als das Nennformat (so ist z. B. ein Hasselblad-Foto nur 5,4 × 5,4 cm groß)


Warum ist das besser?

Warum sind Mittelformat-Bilder technisch gesehen jedem Kleinbild-Foto weit überlegen, auch bei nur mittelmäßigem Objektiv?

Um einen 13×18 cm-Abzug zu machen, muss ein KB-Foto 5,4-fach (linear) vergrößert werden.

Beim 6×6 cm-Format nur 2,2-fach.

Es ist klar, dass dadurch das Film-Korn erst bei viel größeren Bildern überhaupt sichtbar wird.

Farbverläufe (oder Grauton-Abstufungen) sind beim Mittelformat (und natürlich noch mehr beim Großformat) einfach "cremiger" als bei KB-Aufnahmen :-)


Kameras

Mittelformat-Kameras sind eigentlich „Profi-Geräte“ (Porträt, Hochzeit). Aufgrund der hohen Bildqualität werden sie aber auch von Amateuren eingesetzt. 

(Hasselblad ging davon aus, dass sich 80 % seiner Kameras im Besitz von Amateuren befinden, die meisten davon in den USA.)

Dadurch, dass derzeit viele Profis ihre Geräte verkaufen, weil sie auf Digital umsteigen, gibt es ein großes Angebot an günstigen, aber technisch gut erhaltenen Mittelformat-Kameras. 

Da die heute noch produzierten Stückzahlen nur einen kleinen Bruchteil der KB- und Digital-Kameras ausmachen, ist das Angebot natürlich viel kleiner und überschaubarer.

Viele der alten Marken sind inzwischen eingestellt (Zenza Bronica, Pentax, Contax, große Teile des Hasselblad V-Systems). Die verbleibenden bemühen sich um eine gute Anbindung an die digitale Welt.


Brennweiten

Durch das größere Filmformat sind auch die gängigen Brennweiten länger als beim Kleinbild.

Hier ein kleiner Vergleich:

MF
6×6
KB
24×36
 
50 mm 28 mm Weitwinkel
60 mm 35 mm Gemäßigtes Weitwinkel
80 mm 50 mm Normal-Objektiv
160 mm 100 mm "Porträt"-Tele
500 mm 300 mm Teleobjektiv

Da die Schärfentiefe bei einem 80 mm-Objektiv unabhängig vom Bildformat gleich ist, steht bei MF-Aufnahmen grundsätzlich weniger Schärfentiefe zur Verfügung als bei vergleichbaren KB-Aufnahmen.


Filme

Es gibt zwei verschiedene Arten von Rollfilmen: Rollfilm 120 und 220. Beide gibt es nur in jeweils einer Länge und daher passen z. B. auf einen 120er-Film immer 12 Aufnahmen 6×6.

Der 120er-Film ist auf einen Papierstreifen aufgeklebt und mit diesem zusammen auf eine Plastikspule gerollt. Weil der Papierstreifen vorne und hinten länger ist, kann beim Einlegen/Entnehmen kein Licht auf den Film gelangen.

220er-Rollfilm ist doppelt so lang wie 120er-Film. Er hat lediglich vorne und hinten einen Papierstreifen. Dadurch passt die doppelte Bilderanzahl auf eine Spule, ohne dass die Spule dicker wird. Nur wenige Filmsorten sind als 220er verfügbar und es werden immer weniger, da das Format nur sehr wenig verbreitet ist. Rollfilm 220 ist also nur etwas für Leute, die ihn unbedingt brauchen.

Rollfilm ist in sämtlichen Varianten verfügbar: Farbnegativ-, Farbdia-, S/W-Negativ- und S/W-Dia-Filme.

Rollfilm 120 (selbst gemessen): Breite 61 mm, Länge ca. 83 cm. Das Schutzpapier steht vorne 42 cm und hinten 28 cm über den Film über.


Der Würfel

Eine gängige Konstruktion im MF-Bereich ist der von Victor Hasselblad entworfene Würfel. Das Gehäuse hat die Form eines Würfels, an dessen Seitenflächen sich die verschiedenen anderen Funktionen anschließen lassen:

Vorne das Objektiv, hinten das Magazin, auf der rechten Seite der Filmtransport, oben der Sucher, unten das Stativ und links verschiedene Zusatzgeräte wie Wasserwaagen oder Sportsucher.

Dies ermöglicht modulare Systeme mit leicht austauschbaren Komponenten.


Gebrauchtmarkt

Mittelformat-Kameras waren und sind von vornherein stabiler konstruiert als Massenware-KB-Kameras. Daher gibt es einen regen Gebrauchtmarkt, vor allem, da viele beim Umstieg auf Digital ihre alten Schätzchen billig verkaufen. Die Kameras sind, auch nach vielen Jahren noch, in einem guten Zustand und können noch weitere Jahr(zehnt)e benutzt werden.


Preise

Die Preise für MF-Ausrüstung sind viel höher als bei KB. Aber dafür sind ja die Bilder auch besser:

Linke Bildhälfte Kleinbild, rechte Bildhälfte Mittelformat 6×6 cm (direkt nacheinander aufgenommen mit Nikon 1,8/50 mm bzw. Hasselblad CB 2,8/80 mm, beide auf Agfapan APX 100, beide Filme zusammen in Rodinal 1+50 entwickelt; Ausschnittvergrößerung).

So kann man für eine neue Kamera mit Normalobjektiv je nach Gerät etwa mit 1500-3000 EUR rechnen. Die Grenzen nach oben sind offen ...

120er-Filme kosten etwa gleich viel wie 36er-KB-Filme, da die Film-Fläche ebenfalls etwa gleich ist.


Lichtschacht-Sucher

Vor allem bei den Würfel-Kameras ist der Standard-Sucher ein Lichtschacht-Sucher. In der Oberseite des Gehäuses befindet sich dabei eine Mattscheibe, auf die (über den Spiegel) das Bild projiziert wird.

Um den Einblick auf die Mattscheibe zu erleichtern, wird diese mit einem Schacht abgeschattet. Üblich sind sog. "Faltlichtschachte", die zum Transport zusammengelegt werden können.

Vorteil eines solchen Suchers ist, dass die Kamera nicht direkt vor das Auge gehalten werden muss; man kann das Sucherbild (wie das fertige Bild auch) mit beiden Augen betrachten und hat so einen viel besseren Eindruck vom Endergebnis.

Bei rechteckigen Formaten ist es dagegen schwieriger, Hochformataufnahmen anzufertigen, da dazu der Sucher zur Seite gedreht werden muss.


Automatik?

Belichtungs-Automatiken und Autofokussysteme bleiben im Mittelformat den teuren bzw. ganz neuen Kameras vorbehalten.

Die "klassischen" MF-Kameras kommen dagegen mit gar keiner bzw. sehr wenig Automatik daher. So ist praktisch immer auch die Anschaffung eines Belichtungsmessers erforderlich (ja, auch die gibt's noch zu kaufen!)

MF-Kameras sind also weniger etwas für hektische Action-Shoots. Jede Aufnahme braucht ihre Zeit.


Entschleunigung

Unser Leben wird immer schneller. Immer mehr Arbeit muss von immer weniger Menschen bewältigt werden.

Als Gegenpol zu dieser Entwicklung ist eine "Entschleunigung" zu beobachten. Und genau hier hinein passt die Mittel- und Großformat-Fotografie.

Die Kameras werden praktisch immer vom Stativ eingesetzt. Das Bild erscheint auf einer großen Mattscheibe und kann, ja muss in aller Ruhe "komponiert" werden.

Nach nur wenigen Aufnahmen ist der Film voll und muss gewechselt werden.

Es gibt Kameras (wie z. B. die Hasselblad 501CM) die voll mechanisch sind und keinerlei Automatik oder Belichtungsmessung mitbringen.

So beschäftigt man sich viel länger und intensiver mit einem Motiv, bevor man wirklich eine Belichtung macht. Das führt zu einem - im Vergleich zu KB und erst recht zu Digital – erstaunlich hohen Anteil von gelungenen Bildern je Film.


Zweiäugige Spiegelreflex

Ich habe mich lange gefragt, welchen Sinn denn Zweiäugige Spiegelreflex-Kameras (TLR – Twin Lens Reflex) machen. Nach einiger Beschäftigung damit gibt es doch gute Gründe (und inzwischen habe ich auch eine Rolleicord):

Man hat ein großes (allerdings seitenverkehrtes) Sucherbild auf einer Mattscheibe in Brusthöhe. Das kann man mit beiden Augen betrachten (einfachere Komposition) und man kann unbemerkter Fotografieren (Reportage).

Durch den Wegfall des Schwingspiegels (der Spiegel in einer TLR ist fest) sind die Kameras leicht und sehr leise. Und man kann auch längere Belichtungszeiten (1 bis 2 Stufen) ohne Verwackeln hinbekommen.

Außerdem bleibt das Sucherbild auch bei der Aufnahme sichtbar, dadurch hat man jederzeit die volle Kontrolle über das Geschehen (wenn z. B. die aufgenommene Person bei der Aufnahme blinzelt).

Bei starken bzw. "echten" Weitwinkelobjektiven (keine Retrofokus-Konstruktion) würde das Objektiv in den Spiegelkasten ragen und der Spiegel am Objektiv anecken. Diese können also nur in Sucherkameras oder eben in TLRs eingebaut werden.

TLRs können ein günstiger Einstieg in die MF-Fotografie sein. Eine gut erhaltene "Rolleiflex" macht Fotos, die KB-Fotos (selbst denen der teuersten Kameras mit den teuersten Objektiven) von der Bildqualität her weit überlegen sind.

Nachteile: I.d.R. keine Wechselobjektive (Ausnahme ist die C-Serie von Mamiya), Parallaxenfehler bei Aufnahmen im Nahbereich, keine Beurteilung der Tiefenschärfe möglich (Sucheroptik wird nicht abgeblendet - es gab aber spezielles Zubehör zum Abblenden des Suchers).


Die Power des Quadrats

Das 6×6 cm Mittelformat ist zur Zeit das einzige quadratische Format der Fotografie. Es bringt folgende Vorteile mit sich:


Zentralverschluss

Im MF gibt es viel mehr Systeme mit Zentralverschlüssen. Diese haben gegenüber den im KB-Bereich üblichen Schlitzverschlüssen folgende Eigenschaften:


Hersteller

Folgende Hersteller bauen heute noch Mittelformat-Kameras:

Hersteller Kommentar
Rolleiflex Ehemals größter deutscher Hersteller (Braunschweig). Technisch am weitesten entwickeltes System (Elektronik, Digital-Optionen, Autofokus). Im Amateur-Bereich weniger verbreitet. Objektive von Carl Zeiss oder Schneider Kreuznach.

Bekannt geworden durch die bei Reportern sehr beliebte Zweiäugige Spiegelreflexkamera (TLR) im Format 6×6 cm.

www.dhw-fototechnik.de

Mamiya Spiegelreflex-Kameras und Mess-Sucherkameras aus Japan, 6×4,5 und 6×7
Früher auch 6×6-TLR (Mamiya 2xx, 3xx) und 6x6-Mess-Sucherkamera (Mamiya 6)
Alpa Edelkamera aus der Schweiz. Objektive von Carl Zeiss und Schneider Kreuznach.
Noblex Panoramakameras. Deutscher Hersteller aus Dresden.
"Ost" Diverse billige MF-Kameras aus dem "Ostblock" (Kiev, Exakta, Pentacon, B.I.G., Seagull)

Schwarzweiß-Filme

Für Mittelformat 120 verfügbare Schwarz-Weiß-Filme. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Aktualität.

Hersteller Film Kommentar
Ilford Pan F Plus Niedrig empfindlicher Film (50 ISO)
FP4 Plus Mittel empfindlicher Film, 125 ISO
HP5 Plus Hoch empfindlicher Allround-Film, 400 ISO
Delta 100 Mittel empfindlicher Film mit sehr feinem Korn. Moderne Kristalltechnik.
Delta 400 Hoch empfindlicher Film mit sehr feinem Korn. Moderne Kristalltechnik.
Delta 3200 Höchst empfindlicher Film. Moderne Kristalltechnik.
XP2 super Hoch empfindlicher S/W-Film auf C-41-Basis ("chromogen"), wird also wie Farbnegativ-Film entwickelt. Klarer Träger/keine Orangemaske. Dadurch sind Großlabor-Abzüge auf Farbpapier i. d. R. braunstichig. 400 ISO
Kodak T-Max 100 TMX Moderne T-Kristalltechnik.
T-Max 400 TMY Moderne T-Kristalltechnik.
Tri-X Pan 400TX Hoch empfindlicher Film, klassische Emulsion, 400 ISO
BW400 CN Hoch empfindlicher S/W-Film auf C-41-Basis ("chromogen"), wird also wie Farbnegativ-Film entwickelt. Hat im Gegensatz zum Ilford XP2 eine Orangemaske, die bei Multikontrast-Fotopapieren zu einer leichten Kontrastverschiebung gegenüber einem durchsichtigen Träger führen kann. Dafür sind Großlabor-Abzüge auf Farbpapier annähernd Farbneutral (leichter Grünstich).
Foma Fomapan 100 Klassiche Emulsion
Fomapan 200 Flachkristall-Technik, sehr großer Belichtungsspielraum +/- 3 Blenden
Fomapan 400 Klassiche Emulsion
Efke R25 = Adox CHS 25 Klassische Silber-Emulsion
R50 = Adox CHS 50  
R100 = Adox CHS 100  
Fuji Neopan Acros 100 Sehr feinkörniger 100er-Film. Körnigkeit ähnlich wie bei T-Kristall-Filmen, ist aber keiner
Neopan 400 Klassische Silber-Emulsion
Neopan 1600 Klassische Silber-Emulsion

Foto-Seiten | Meine Seiten zur Hasselblad 501CM

2000-12-05 (meinem Vater gewidmet, der heute Geburtstag hat)
2000-12-07 Überarbeitet
2002-01-27 Überarbeitet. Vergrößerungsfakoren endlich korrigiert..
2002-03-17 Leicht überarbeitet.
2002-11-21 WW-Hinweis bei TLRs. Danke an Christian Ammon für den Tipp.
2003-02-28 Fuji-Filme aufgenommen, Yashica MAT124G
2003-10-30 TLR mehr Infos, Maco-Filme
2004-04-01 Keine Sucherverdunkelung bei TLRs. Danke an Ernst Renk für den Tipp.
2004-10-25 KB-MF-Vergleichsbild, diverse kleinere Textänderungen
2005-02-15 APX25 und TechPan raus, R3 rein
2005-07-13 Überarbeitet
2006-04-07 Überarbeitet (v.a. Filmangebot)
2006-11-25 Tschüss, Agfa :-(
2007-08-16 Keine Tiefenschärfe bei TLRs. Danke an Jens Beckmann für den Hinweis.
2008-02-22 Doch Tiefenschärfe bei TLRs. Danke an Frank Braun für den Hinweis.
2008-04-06 Mal wieder durchgearbeitet und aktualisiert
2010-02-10 Mal wieder durchgearbeitet und aktualisiert
2010-05-27 Erklärt, warum 6x7 "Idealformat" heißt. Danke an Georg Kovalcik für die Erklärung und Recherche.
2013-06-26 Änderungen nach dem Ende des V-Systems von Hasselblad.