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Stefan Heymann

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Wie man eine gebrauchte Hasselblad durchcheckt

Dies ist eine Checkliste, wie man eine gebrauchte Hasselblad prüft, z. B. vor einem Gebrauchtkauf. Ich beziehe mich hier auf Kameras der 500er V-Serie. Nicht alles bezieht sich also auf alle Hasselblad-V-Kameras.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie in einem englischen Artikel von "Mr. 500CM" Lance Karp, auf http://medfmt.8k.com/mf/hassybuy.html 

Zum Testen des Magazins lohnt es sich, einen Testfilm und einen Kugelschreiber dabei zu haben. Um die verschiedenen Kameramodelle unterscheiden zu können, lohnt es sich evtl. auch, einen Ausdruck der Historie der Hasselblad-Kameras dabei zu haben.

Gehäuse

Nehmen Sie Objektiv und Magazin ab (ein seriöser Verkäufer wird Ihnen dabei ggf. helfen). Schauen Sie sich das Gehäuse von allen Seiten an und prüfen Sie es auf Schäden an der Belederung, sowie Macken, Dellen und Scheuerstellen an den Kanten. Die Hasselblads gibt es verchromt und schwarz. Je "fertiger" die Kamera dabei aussieht, desto mehr wurde sie wohl benutzt und desto verschlissener wird sie insgesamt sein.

Lichtschacht

Prüfen Sie den Lichtschacht auf Funktion: 

Mattscheibe, Spiegel

Entfernen sie den Lichtschacht (wenn das Magazin weg ist, kann man den Lichtschacht einfach nach hinten herausschieben).

Schauen Sie sich die Mattscheibe an. Hat sie keine Kratzer, Dellen und ist sie nicht zu verschmutzt? Die Mattscheibe sollte keinerlei Reinigungsspuren aufweisen, dann wurde sie falsch behandelt. 

Dadurch dass die Mattscheibe nur schwer gereinigt werden kann, ist es normal, dass sich auf der Mattscheibe Staubkörner, Wimpernhäärchen oder kleine eingetrocknete Tröpfchen befinden. Man sollte aber natürlich schon noch durchsehen können ;-)

Bei einigen Modellen der 500C und der 500EL und bei allen anderen Modellen lässt sich die Mattscheibe herausnehmen. Schieben Sie dazu die kleinen Hebelchen nach außen und lassen Sie die Mattscheibe nach unten in die geöffnete Hand fallen. Schauen Sie die Mattscheibe auch von unten an. Die Unterseite ist noch empfindlicher als die Oberseite und sollte daher keinerlei Makel aufweisen.

Gitter-Mattscheiben sind teures Zubehör. Dafür kann ein entsprechender Aufpreis fällig werden. (Eine neue Original-Hasselblad-Mattscheibe kostet ca. 300 EUR).

Klären Sie den Typ der Mattscheibe ab. Es gibt die sog. "Standard"-Mattscheiben (recht dunkel), die etwas helleren "Bright Matte" Mattscheiben und die superhellen "Acute Matte" Mattscheiben (mit und ohne "D").

Schauen Sie sich den Spiegel an. Er darf keinerlei Kratzer oder Reinigungsspuren aufweisen.

Bajonett, Vorderseite

Schauen Sie sich das Bajonett an. Wenn sich die schwarze Farbe abgescheuert hat ist das nicht schlimm. Bei häufigem Objektivwechsel (Profi = hoher Verschleiß) sind die Kanten am Bajonett stark abgerundet. 

Rückseite, Hilfsverschluss

Auf der Rückseite befinden sich die beiden schwarzen Vorhänge des Hilfsverschlusses. Wenn Sie den Auslöser drücken und festhalten, muss sich dieser Hilfsverschluss so öffnen, dass die beiden Vorhänge um 90° abgewinkelt an der Ober- und Unterseite des Gehäuses anliegen. Ein leicht herunter hängender Hilfsverschluss muss bald repariert werden. Wenn man zu lange wartet, kann er ins Bild ragen. (Die Feder, die die Hilfsverschlüsse öffnet, wird mit der Zeit schwach).

Sie können die Vorhänge des Hilfsverschlusses auch mit dem Finger eindrücken, und zwar den unteren zuerst. Die bereits erwähnte Feder muss hier angemessen Widerstand leisten.

Betätigen Sie den Spiegelvorauslöser (das Hebelchen unter der Transportkurbel: nach oben drücken). Die Hilfsverschlüsse müssen sich öffnen und offen bleiben. Nach Betätigung des Auslösers an der Kameravorderseite gehen die Hilfsverschlüsse wieder zu, der Spiegel bleibt oben. Der Spiegel kommt erst nach dem Transport wieder herunter.

Auf der Rückplatte verlaufen um das Filmfenster zwei erhabene Linien. Diese dürfen keine Lücken oder Dellen aufweisen.

Schauen Sie sich die Seriennummer an. Sie enthält zwei Buchstaben aus denen Sie das Baujahr des Gehäuses ablesen können:

V H P I C T U R E S
| | | | | | | | | |
1 2 3 4 5 6 7 8 9 0
Beispiele:
UE=1979
RT=1986
SV=2001

Schauen Sie sich die Haken an, an denen das Magazin eingehängt wird. Es müssen 4 Stück vorhanden sein (zwei unten, zwei oben).

Unterseite

Auf der Unterseite des Gehäuses befindet sich der Stativanschluss. Hier können sich durch das Ansetzen an das Stativ Kratzer oder Abschürfungen befinden, die die Funktionsweise aber nicht beeinträchtigen.

Objektiv

Allgemeine Sichtprüfung des Gehäuses: kleine Macken und Dellen weisen auf rauhen Einsatz hin. Schauen Sie sich die Linsen an: Kratzer und Dellen auf den Linsen sind nicht gut und geben entsprechend Preisnachlass. Objektive mit Kratzer in der Hinterlinse sind praktisch wertlos, Kratzer in der Frontlinse sind dagegen oftmals nicht so schlimm.

Halten Sie das Objektiv gegen eine Lampe und schauen Sie sich die Linsen an. Sie müssen absolut klar sein. Im Gegenlicht werden einige ganz kleine Staubkörnchen aufleuchten, das ist aber normal. Sollte sich auf den Linsen linien- oder spinnennetzförmige Strukturen zeigen, kann dies ein Pilzbefall sein. Dieser frisst sich in die Vergütung. Solche Linsen sind wertlos, weil der Pilzwuchs nicht aufgehalten werden kann. Eine Reparatur (Reinigung) ist sehr teuer und evtl. erfolglos.

Abrieb an den Vorderbajonetten ist normal. Er entsteht durch das An- und Absetzen von Filtern und Gegenlichtblenden.

Setzen Sie das Objektiv ans Gehäuse an. Kamera und Objektiv müssen vorher gespannt sein!

Läuft der Entfernungsring gut, lassen sich Blende und Belichtungszeit gut einstellen, getrennt voneinander und zusammen?

Betätigen Sie die Abblendtaste und blenden Sie das Objektiv ab. Schauen Sie sich die Blendenlamellen an. Es sind 5 Stück. Sie sollten keinerlei Kratzer oder ölige Stellen aufweisen.

Verschluss

Betätigen Sie den Spiegelvorauslöser. Der Verschluss schließt sich und Sie können sich die Verschlusslamellen anschauen. Sie müssen gleichmäßig übereinanderliegen und sauber schließen. Die oberste und unterste Lamelle hat am Ende eine kleine Biegung nach oben, das ist völlig normal. (Vergessen Sie nicht, danach den Auslöser zu betätigen und die Kamera zu spannen.)

Betätigen Sie den Verschluss mehrfach bei allen Zeiten. Alle Zeiten müssen gut laufen, vor allem die langen Zeiten. (Bei langen Zeiten den Auslöser gedrückt halten, bis der Verschluss abgelaufen ist). Gerade bei den langen Zeiten muss sich das surrende Geräusch gleichmäßig anhören. Prüfen Sie ggf. mit einem Sekundenzeiger ob die langen Zeiten grob stimmen.

Springblende

Bei verharzten Objektiven geht die Springblende bei der Auslösung nicht mehr sofort zu, sondern verzögert. Das führt dann zu Fehlbelichtungen. Objektiv auf die kleinste Blende (z. B. 22) und Verschlusszeit auf B stellen, Auslöser drücken und festhalten und von vorne in das Objektiv schauen. Die Blende muss sich schlagartig schließen, es darf keinerlei Verzögerung oder gar langsame Bewegung sichtbar sein. Auch beim Betätigen des Abblendhebels muss die Blende sofort und ohne Verzögerung auf- und zugehen.

Blitzanschluss

Schauen Sie sich den Blitzanschluss an, ob nichts abgebrochen ist. Schließen Sie einen Blitz an. Fahren Sie wieder alle Belichtungszeiten durch und schauen Sie hinten durch die Hilfsverschlüsse, ob Sie bei allen Zeiten den Blitz sehen. Auch bei 1/500 s ist der Blitz noch gut zu sehen, wenn alles funktioniert.

Magazin

Es gibt folgende Magazin-Arten:

Allgemeine Sichtprüfung, wieder auf Macken, Dellen und abgeriebene Stellen.

Nehmen Sie den Einsatz heraus. Die drei Ziffern auf dem Einsatz müssen mit den letzten drei Ziffern der Serien-Nummer des Magazins übereinstimmen. Nach dem oben erwähnten Schema (VHPICTURES=1234567890) können Sie auch das Baujahr des Magazins ermitteln.

Hinter der Filmandruckplatte sitzt eine Feder, die noch angemessen Widerstand leisten sollte.

Nur A- und E-Magazine: Setzen Sie den Einsatz ein und drehen Sie die kleine Kurbel bis sie stehen bleibt. Das Zählwerk muss nun auf 1 stehen. Wenn das Zählrwerk nicht bei "1" stoppt ist entweder ein sehr dünner Film eingelegt oder die Schmierung des Magazins ist hart geworden.

Wenn der Film schonmal angebrochen ist, kann man den Magazinschieber ziehen und mit einem Stift die einzelnen Bildrahmen auszeichnen (am Rand entlangfahren, Magazin ansetzen, auslösen, transportieren, wieder auszeichnen, Film rausnehmen und anschauen). Sie dürfen nicht zu eng stehen oder sich gar überlappen. Optimal ist ein Abstand von ca. 0,5-1 cm.

Die Lichtdichtung des Magazinschiebers ist auch immer wieder eine Schwachstelle, da sie sich bei langer Langerung mit eingesetztem Schieber und langem Gebrauch zusammendrückt und sich dann Lichtschleier am Bildrand zeigen. (Der Austausch der Dichtung ist einfach und kann auch selbst vorgenommen werden.)

Auch die Lichtdichtung des Magazingehäuses zum Einsatz sollte überprüft werden. Dazu den Einsatz entnehmen und auf die Öffnung für den Einsatz im Magazin schauen. Diese Dichtung befindet sich zwischen Magazin-Außenhaut und -Innengehäuse und verläuft oben, an der Rückwand entland und unten.

Setzen Sie das Magazin an die Kamera und machen Sie alle "Aufnahmen voll" (ohne Film). Wenn Sie nun den Einsatz heraus nehmen muss das Zählwerk sauber zurückspringen.

E-Magazine: Sehen die Kontakte sauber aus? Evtl. mit einer entsprechenden Kamera testen, ob der Bus sauber funktioniert.

Manuelle Magazine: Film einlegen, über das Sichtfenster bis zur "1" auf dem Rückenpapier einspulen. Danach das Drehrad in in entgegengesetzter Richtung drehen. Das Zähltwerk sollte dabei mit einem deutlichen Klicken auf Nr. 1 springen.


Stefan Heymann, 2002-2006

2003-01-02: Drei Absätze bei "Magazin" hinzugefügt. Danke an Markus Gradwohl für die Tipps.
2005-08-04: Weitere Infos zu den Magazinen. Danke an Uli Funkenberg für die Tipps.
2006-04-09: Absatz über Springblende hinzugefügt

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